"Pollo" - so der volkstümliche Name des längst historischen Prignitzer Schmalspurnetzes - ist noch heute der Inbegriff einer beschaulichen, jedoch leider gegen Ende der 60er Jahre aufgrund einer gezielten Rückzugspolitik nicht mehr tragbaren Kleinbahnherrlichkeit im Norden der früheren Provinz Brandenburg. Am 14. Oktober 1897 eröffneten die Ost- und die Westprignitzer Kreisbahnen gleichzeitig ihre Kleinbahnen Perleberg - Hoppenrade und Kyritz - Hoppenrade / Breddin. Ergänzt wurde das gemeinsam betriebene Netz mit 750 mm Spurweite in der Folgezeit um die Kleinbahnen Viesecke - Glöwen (1900), Lindenberg - Pritzwalk (1907/08) und Lindenberg - Kreuzweg (1912), womit es eine Gesamtstreckenlänge von immerhin knapp 101 km erreichte.Zwar blieben die Beförderungszahlen aus heutiger Sicht mäßig, doch war Pollo über Jahrzehnte hinweg eng mit dem täglichen Leben der Landbevölkerung verbunden und sein Publikum wußte seine Zuverlässigkeit zu schätzen. Er beförderte landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Städte oder zum Weiterversand zum nächsten Bahnhof der "Großbahn", man fuhr mit ihm zur Schule, zur Arbeit, zum Markt oder gar zur großen Bahn, um eine weite Reise anzutreten. Auf einfachen Holzbänken nutzte man die oft stundenlangen Bahnfahrten, um einander kennenzulernen, Neuigkeiten auszutauschen, sich auf den Unterricht vorzubereiten, von einem harten Arbeitstag zu entspannen oder auch mal einen Geburtstag zu feiern.Nach dem 2. Weltkrieg brachen auch für Pollo andere Zeiten an. Zunächst wurde der Abschnitt Viesecke - Zernikow dem schmalspurigen Wiederaufbau der Staatsbahnstrecke Glöwen - Havelberg geopfert, dann übernahm die Deutsche Reichsbahn auch das Prignitzer Kleinbahnnetz. Sie verbesserte u.a. den Oberbau und die Sicherungsanlagen, führte den Rollwagenverkehr ein und stockte den Fahrzeugpark auf. Die neue Blüte war nur von kurzer Dauer: Gegen Ende der 50er Jahre beschloß die SED im Zuge der zwangsweisen Umsetzung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften auch die "Verkraftung" sowohl des Güter- als auch des Personenverkehrs der ehemaligen Kleinbahnen. So sollten u.a. die Ludwigsfelder Lkw W50 und ungarische Ikarus-Busse 66 die Dienste der Schmalspurbahn übernehmen. Angebotseinschränkungen ließen die Beförderungszahlen bald dermaßen sinken, daß der sogenannte "Verkehrsträgerwechsel" unabwendbar war. Stolz über den "volkswirtschaftlich richtigen Schritt zur Transportrationalisierung" stellte die Rbd Schwerin in den Jahren 1967-71 das Prignitzer Schmalspurnetz nach und nach ein.Dieses voluminöse Buch ist keineswegs eine Kleinbahnchronik im klassischen Sinn, sondern vielmehr eine bildliche Reise über das Prignitzer Schmalspurnetz zur DDR-Zeit. Es beschreibt, illustriert und skizziert die einzelnen Stationen und ihr Umfeld, stellt detailliert die technisch und historisch interessanten Triebfahrzeuge und Wagen dar, macht dann und wann einen Abstecher zurück in die Zeit der Ost- und Westprignitzer Kreisbahnen, zeigt so manche noch heute vorzufindenden Relikte, beschreibt ausführlich und chronologisch den Aufbau der Museumsbahn Mesendorf - Lindenberg des Prignitzer Kleinbahnmuseums Lindenberg e.V. (PKML) mit seinem vielfältigen Fahrzeugpark und schließlich erinnert das Buch an die normalspurigen Kleinbahnen, nämlich die Perleberger Kreisringbahn Perleberg - Karstädt - Berge - Perleberg und die teilweise noch heute existierende Strecke Pritzwalk - Putlitz - Suckow.Wesentliche Unterschiede zur 1. Auflage aus dem Jahr 2013 sind einerseits die im Kreis einer Gruppe von Schmalspurfreunden erarbeiteten Verfeinerungen der Texte, Zeichnungen und Tabellen, andererseits die aufgrund des durchgehenden Farbdrucks erheblich verbesserte Wiedergabe der SW-Fotos, die Hereinnahme von zahlreichen Farbbildern, die in der 1. Auflage nur schwarz/weiß erscheinen konnten, dann die zahlreichen zwischenzeitlich entdeckten, historisch wertvollen Farb- und SW-Aufnahmen aus der Kleinbahn- und der Reichsbahnzeit und schließlich die besonders ausführliche Darstellung und Illustration der Aktivitäten des PKML.
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